MENÜ

MENU

ÖIAV-Haus

ÖIAV-Haus

Daten

  • Bauzeit: Jänner – Oktober 2011
    Prunkstiegenhaus und Aufzug, Dachgeschossausbau und Fassaden, Umbau 1. Obergeschoss und Attikazone: bis November 2017
  • Leistungsumfang: Architekturplanung inkl. örtlicher Bauaufsicht und Baustellenkoordination
  • Bauherren: ÖIAV – Österreichischer Ingenieur- und Architekten- Verein
    OVE - Österreichischer Verband für Elektrotechnik (Dachgeschossausbau)
  • Projektarchitekt: Michael Wistawel
  • Fotos/Pläne: ©Jansenberger Fotografie; ©Wehdorn Architekten; ©Linsinger ZT GmbH

Projekt: ÖIAV-Haus

Data

  • construction time: Jänner – Oktober 2011
    Prunkstiegenhaus und Aufzug, Dachgeschossausbau und Fassaden, Umbau 1. Obergeschoss und Attikazone: bis November 2017
  • scope: Architekturplanung inkl. örtlicher Bauaufsicht und Baustellenkoordination
  • builders: ÖIAV – Österreichischer Ingenieur- und Architekten- Verein
    OVE - Österreichischer Verband für Elektrotechnik (Dachgeschossausbau)
  • projectarchitect: Michael Wistawel
  • photos / plans: ©Jansenberger Fotografie; ©Wehdorn Architekten; ©Linsinger ZT GmbH

Project: ÖIAV-Haus

Ein historisches Palais für den Österreichischen Ingenieur- und Architekten- Verein

Das Gebäude des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins in der Eschenbachgasse in Wien ist eines der bedeutendsten Ringstraßenpalais. Es wurde 1870–72 nach dem Vorbild der englischen Clubhäuser, gemeinsam mit dem Haus des Niederösterreichischen Gewerbevereines, in der Formensprache der italienischen Renaissance errichtet. Als Architekt zeichnete der damals vielbeschäftigte Otto Thienemann verantwortlich, die Innenausstattung des Festsaals stammt von der nicht weniger bekannten Ausstattungsfirma Franz Schönthaler. Trotz aller späteren Um- und Ausbauten hat sich das Haus bis heute sein authentisches Erscheinungsbild bewahrt.
Nach rund einhundertvierzigjähriger Bestandsdauer beschloss der ÖIAV im Jahre 2010 die Generalsanierung des Hauses. Die Arbeiten waren notwendig geworden, einerseits aus restauratorischen Gründen, andererseits aber auch, um eine zeitgemäße Infrastruktur, wie sie heute für Veranstaltungen notwendig ist, in die historischen Räume zu integrieren.
Die durchgeführten Arbeiten sind als „klassische“ Restaurierung nach wissenschaftlich-denkmalpflegerischen Grundsätzen zu bezeichnen. Alle Eingriffe bauten auf Bestandsuntersuchungen und restauratorischen Befundungen auf. Im Zentrum des Interesses stand verständlicherweise die Restaurierung des reich ausgestatteten historischen Festsaals. Wie bei vielen anderen Bauten dieser Zeit ist manches nur „Schein“: Schlagmetall ersetzt Blattgold, Gussmassen und Gips die figürlichen und ornamentalen Bildhauerarbeiten, Holzimitationsmalerei und Lasuren auf Nadelholz die teuren Edelhölzer und Schablonenmalereien, die für die Renaissance typischen Einlegearbeiten in Mooreiche und Ebenholz. – Diese Ausstattung mit ihren Fertigteilen und Ersatzmaterialien ist auch ein beredtes Zeugnis für die „Industrialisierung“ des Kunsthandwerks in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Große Teile der Innenausstattung waren aber gar nicht mehr vorhanden, vor allem die Stirnfront des Festsaales war im Laufe des 20. Jahrhunderts verändert worden und musste erst rückgebaut, das heißt, die ursprüngliche Gliederung mit den Hermen originalgetreu rekonstruiert werden.
Aufgrund von Verschmutzungen und Wasserschäden war die differenzierte Farbfassung der Holzausstattung nicht mehr lesbar. Mittels Reinigungsproben wurde das ursprüngliche Fassungssystem freigelegt und eine Musterachse erstellt. Die gefassten Holzoberflächen reinigte
man vorsichtig unter Berücksichtigung des Alterswertes, Fehlstellen wurden entsprechend ergänzt. Die Erhaltung der Zeitspuren war substanzieller Bestandteil des denkmalpflegerischen Konzeptes. Auch die Wandbespannungen waren im Laufe des letzten Jahrhunderts in Verlust geraten. Muster und Farbe konnten anhand einer Darstellung aus den 1870er-Jahren und durch den Vergleich mit zeittypischen Textilmustern aus den Sammlungen des Museums für Angewandte Kunst rekonstruiert werden. Erst nach Abschluss der Arbeiten fand sich ein kleiner Rest der originalen Wandbespannung, der die Richtigkeit der Rekonstruktion in verblüffender Genauigkeit unter Beweis stellte.
Wie bei allen denkmalpflegerisch wertvollen und reich ausgestatteten Räumen lag eine der großen Herausforderungen der Restaurierung darin, die zeitgemäße technische Gebäudeausstattung, wie Heizung, Lüftung, Klimatisierung, so in das Gebäude zu integrieren, dass es nicht zu einer Zerstörung der Räume kommt.
Die Zielvorstellung einer „unsichtbaren“ Haustechnik konnte im Bereich der Repräsentationsräume geradezu in idealer Weise erreicht werden, weil es aufgrund der Schäden in den Holzböden – die auch nicht mehr der Originalsubstanz angehörten – möglich war, diese komplett abzutragen und den Raum in der Beschüttung, ohne Beeinträchtigung der Raumhülle, für eine horizontale Verteilung der Leitungsführungen zu nutzen.
Das neue Beleuchtungskonzept zeigt schlussendlich den ästhetischen Reiz, der durch die Gegenüberstellung von Alt und Neu entstehen kann. Auch in diesem Bereich konnte eine Balance zwischen der historischen Beleuchtung und den heutigen Anforderungen gefunden werden.
Zu Beginn der Restaurierung war der große Festsaal mit Milchglasleuchten aus den fünfziger Jahren ausgestattet. Mit Hilfe einer aufgefundenen historischen Darstellung und auf Basis eines im Keller gefundenen und als Original identifizierten Lusterarmes konnten die verloren gegangenen Luster rekonstruiert werden. Um das erforderliche Beleuchtungsniveau für Konferenzen zu erreichen, wurden zusätzlich dimmbare Strahler an der Galeriebrüstung angeordnet, die auch die reich dekorierte Decke „in Szene“ setzt.
Mit der 2011 abgeschlossenen Sanierung der Repräsentationsräume, die auf Funktionalität und durchaus auch auf Wirtschaftlichkeit aufbauen, waren die notwendigen Arbeiten im Vereinshaus des ÖIAV noch nicht abgeschlossen: Einerseits mussten die Restaurierungsarbeiten vor allem im Prunkstiegenhaus mit der (auch technisch notwendigen) Teilerneuerung des historischen Aufzugs weitergeführt werden, andererseits wurde auch der weitere Ausbau der Dachräume inkl. Galerieeinbau für Besprechungen, die vom OVE (Österreichischer Verband für Elektrotechnik) genutzt werden, bis in den Sommer 2014 durchgeführt. In diese Bauphase fällt auch die Instandsetzung der beiden Hauptfassaden Eschenbachgasse und Nibelungengasse. Im Anschluss an diese Arbeiten wurde auch das 1. Obergeschoss in ein multifunktionelles Seminar- und Veranstaltungszentrum bis in das Frühjahr 2017 ausgebaut. Den Abschluss aller Arbeiten am Vereinshaus bildeten die abschließenden Fassadenarbeiten an der Attikazone mit dem Wiederversetzen der restaurierten Attikafiguren und den Attikavasen.